Schwerpunkt Kunden und Kooperationen
Vierter Österreichischer Kreativwirtschaftsbericht
Der/Die Kreative
Die Befragung unter Österreichs Kreativunternehmen ergab, dass Unternehmensgründung in der Kreativwirtschaft vor allem intrinsisch motiviert ist. Externe Einflüsse, wie das Fortsetzen der Familientradition, Unzufriedenheit mit der vorhergegangenen Berufstätigkeit oder die Verhinderung oder Beendigung von Arbeitslosigkeit, spielen seltener, aber bei Unternehmerinnen vergleichsweise häufiger, eine Rolle. Das zentrale Motiv der Unternehmensgründung für UnternehmerInnen der Kreativwirtschaft ist die Möglichkeit, selbstständig arbeiten zu können, und wird von mehr als drei Vierteln der KreativunternehmerInnen als Grund für die Gründung angegeben. Die Möglichkeit des Auslebens des kreativen Potenzials sowie flexible Zeiteinteilung, Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung sind für etwa die Hälfte ebenfalls wichtige Faktoren. Für Frauen stellt die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei selbstständiger Tätigkeit öfter als bei Männern ein Gründungsmotiv dar.
Vor dem Schritt in die Selbstständigkeit übte der Großteil der KreativunternehmerInnen, ähnlich wie in der Wirtschaft insgesamt, eine unselbstständige Beschäftigung aus. Die Hälfte der zuvor unselbstständig beschäftigten KreativunternehmerInnen hatte eine Leitungsposition inne, wobei der Anteil bei den Frauen geringer ist als bei den Männern. Bei Unternehmerinnen zeigt sich außerdem, dass häufiger als Männer unmittelbar vor der Unternehmensgründung oder -übernahme andere als unselbstständige (Erwerbs-) Tätigkeiten (u.a. Karenz, Tätigkeit im Haushalt…) eine Rolle spielen. Allgemein gilt: Je größer das Unternehmen ist, desto höher ist der Anteil der UnternehmerInnen, die vorher eine leitende Position inne hatten oder bereits vor der Leitung des jetzigen Unternehmens mit einem anderen unternehmerisch tätig waren. Mehrfachunternehmertum spielt bei einem Zehntel der KreativunternehmerInnen eine Rolle; sie haben sich zuvor mit einem anderen Unternehmen in Selbstständigkeit befunden.
Im Median haben KreativunternehmerInnen unabhängig vom Geschlecht vor dem Schritt in die Selbstständigkeit zehn Jahre Berufserfahrung gesammelt. Etwa 9% der GründerInnen in der Kreativwirtschaft verfügen über keine Berufserfahrung. Knapp 20% der UnternehmerInnen waren vor der Gründung weniger als fünf Jahre beruflich tätig. Dies entspricht auch etwa dem Anteil jener mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung. Kürzere Ausbildungszeiten werden mit längerer Berufserfahrung kompensiert. AkademikerInnen in der Kreativwirtschaft weisen im Durchschnitt die geringste Berufserfahrung auf.
Mit einem Median von fünf Jahren Branchenerfahrung arbeiten UnternehmerInnen der Kreativwirtschaft vor dem Schritt in die Selbstständigkeit rund die Hälfte ihrer beruflichen Tätigkeit in der Branche ihres späteren Unternehmertums. ArchitektInnen sammeln überdurchschnittlich viel Branchenerfahrung, während bspw. DesignerInnen vor der Selbstständigkeit im Durchschnitt weniger als fünf Jahre im Design-Bereich tätig sind.
Beziehungen zu KundInnen und Geschäftspartnerschaften
Beziehungen zu KundInnen stellen den zentralen Erfolgsfaktor für Österreichs Kreativunternehmen dar. Angesichts der konjunkturellen Entwicklung 2009, die etwa zwei Drittel der Kreativunternehmen mit einem verstärkten Wettbewerbsdruck zu spüren bekamen, wurde verstärkt auf diesen Faktor gesetzt: Intensivierung der Bindung von KundInnen durch verstärktes Eingehen auf deren Wünsche war die häufigste Strategie der Kreativunternehmen, um auf höheren Wettbewerbsdruck zu reagieren. Knapp die Hälfte der Betriebe der Kreativwirtschaft erhöhte ihre Innovationsanstrengungen. Preissenkungen spielten bei Kreativunternehmen nur eine untergeordnete Rolle.
In das Bild passt auch, dass Preis als Faktor für den Markterfolg vergleichsweise unbedeutend eingestuft wird. Am stärksten hängt der Markterfolg für die Kreativunternehmen von der Vertrauensbeziehung zwischen AuftraggeberIn und AuftragnehmerIn sowie von der Flexibilität im Umgang mit den Wünschen von KundInnen ab. Für mehr als 90% der Unternehmen sind diese beiden Faktoren (sehr) wichtig für den Erfolg.
Die Bedeutung der KundInnenbeziehung wird dadurch unterstrichen, dass die Weiterempfehlung durch KundInnen für Kreativunternehmen die wichtigste Form der NeukundInnenenakquisition darstellt. Der persönliche Kontakt wird zwar absolut am häufigsten genannt, jedoch in der Wichtigkeit weiter hinten gereiht als die Weiterempfehlung durch KundInnen. Die Vermittlung durch Geschäfts- bzw. KooperationspartnerInnen sowie der Internetauftritt durch eine eigene Homepage werden in diesem Zusammenhang ebenfalls als wichtig eingestuft. Die Teilnahme an Ausschreibungen ist für die Kreativunternehmen insgesamt (anders als für Architekturbüros) weniger wichtig, um NeukundInnen zu akquirieren.
Eine nähere Analyse der KundInnenbeziehungen zeigte, dass die KundInnen der Kreativwirtschaft hauptsächlich aus der Region kommen und in erster Linie andere Unternehmen sind. Viele Kreativunternehmen bieten Produkte oder Dienstleistungen an, die speziell auf die Bedürfnisse der KundInnen zugeschnitten sind. Auch die gemeinsame Bearbeitung von Projekten mit KundInnen ist in der Kreativwirtschaft weit verbreitet. Entlang der beiden Dimensionen „Entwicklung eigener kreativer Ideen“ und „Ausrichtung der Geschäftstätigkeit an den Abläufen und Strukturen der KundInnen“ lassen sich 22% der Unternehmen der österreichischen Kreativwirtschaft als Unternehmen klassifizieren, die eigene Ideen für einige wenige KundInnen umsetzen. Dazu zählen vor allem ArchitektInnen. 31% der Kreativleistenden entwickeln eigene Ideen, die sie einem breiteren KundInnenkreis anbieten. Hierunter befinden sich hauptsächlich die Unternehmen der Content-Branche, WerberInnen und Verlage. 22% der Unternehmen der Kreativwirtschaft greifen Ideen ihrer KundInnen auf und setzen diese fokussiert auf einige wenige KundInnen um; dies trifft besonders auf Software-&-Games-Unternehmen zu. 25% der Kreativunternehmen können als Kreativdienstleistende für einen breiten KundInnenkreis bezeichnet werden, wobei hauptsächlich DesignerInnen diese Strategie verfolgen.
Im Hinblick auf den Erfolg der Kreativunternehmen scheint ein Modell, das auf hohe eigene Kreativität bei eher geringer Integration in KundInnenprozesse und geringer Abhängigkeit von einzelnen KundInnen abzielt, einen höheren Geschäftserfolg zu versprechen als Strategien, die auf eine sehr enge Zusammenarbeit mit den KundInnen ausgerichtet sind. Jedenfalls sind Unternehmen, die eine geringere Intensität der KundInnenenzusammenarbeit zeigen, im Mittel größer und mit dem erreichten Unternehmenswachstum eher zufrieden.
Etwa drei Viertel der Unternehmen in der Kreativwirtschaft arbeiten mit GeschäftspartnerInnen zusammen, um gemeinsam Leistungen für KundInnen zu erbringen. Insgesamt ist die Zusammenarbeit häufiger projektbezogen als dauerhaft und basiert überwiegend auf informellen Formen der Zusammenarbeit. Fast 40% der Kreativunternehmen regeln ihre Geschäftspartnerschaften nur über mündliche Verträge, während nur ein Viertel auf schriftlichen Verträgen beharrt. Die GeschäftspartnerInnen von Kreativleistenden sind zum größten Teil andere kleinere Unternehmen aus der Kreativwirtschaft selbst, die sich überwiegend im näheren Umkreis befinden, wobei trotz der geografischen Nähe sehr selten täglich Treffen mit diesen GeschäftspartnerInnen stattfinden.
Der Anteil des Umsatzes, der im Rahmen von Geschäftspartnerschaften erzielt wird, liegt in der Kreativwirtschaft bei 21%. Darüber hinaus spielen GeschäftspartnerInnen auch für die Auftragsakquisition und als IdeengeberInnen eine Rolle. Geschäftspartnerschaften bedeuten nicht, dass die Unternehmen auch an gemeinsamen Standorten arbeiten; nur 15% der Kreativunternehmen mit Geschäftspartnerschaften nutzen Gemeinschaftsstandorte. In der Regel umfassen Geschäftspartnerschaften nicht mehr als 5 PartnerInnen, 44% arbeiten nur mit einem oder zwei PartnerInnen zusammen.
Im Hinblick auf den Geschäftserfolg zeigt sich, dass Unternehmen, die vorrangig projektbezogene Geschäftspartnerschaften eingehen, eine schlechtere Geschäftsentwicklung und ein geringeres Beschäftigungswachstum aufweisen als Unternehmen ohne oder mit dauerhaften Geschäftspartnerschaften; auch sind diese Unternehmen mit der Unternehmensentwicklung weniger zufrieden. Je höher der Umsatzanteil ist, der über Geschäftspartnerschaften erzielt wird, desto ungünstiger ist tendenziell die Entwicklung des Geschäftsvolumens. Im Kontrast dazu steht allerdings der Befund, dass Unternehmen, die Aufträge häufig über ihre GeschäftspartnerInnen vermittelt bekommen, deutlich rascher wachsen. Es zeigt sich außerdem, dass Unternehmen, die die Zusammenarbeit über einen schriftlichen Vertrag regeln, erfolgreicher sind, und Unternehmen, die mit ihren PartnerInnenn gemeinsame Dachmarken nutzen, deutlich rascher wachsen.
Innerhalb der Kreativwirtschaft lassen sich verschiedene Wertschöpfungsnetzwerke festmachen: Kreativverbünde in der Medienproduktion bringen Verlage oder Radio- & TV-VeranstalterInnen mit Content-ErstellerInnen und DesignerInnen zusammen. In der Werbung umfassen solche Verbünde kleinere und größere Werbeagenturen, DesignerInnen und Content-ProviderInnen etwa im Bereich Musik. Architekturkooperationen sind eine Verbundform, die verschiedene ArchitektInnen sowie technische Büros und Betriebe des Bau(neben)gewerbes zusammenbringt. Partnerschaften von SpezialistInnen sind häufiger im Software- und im Content-Bereich zu finden, wobei sich kleine Kreativunternehmen mit komplementären Schwerpunkten zu BieterInnen- oder Leistungserstellungsgemeinschaften zusammenschließen. Die Einbindung in Kreativnetzwerke hat tendenziell positive Auswirkungen auf den Geschäftserfolg. Unternehmen, die Teil von Wertschöpfungsnetzwerken in der Kreativwirtschaft sind, wachsen zwar langsamer als andere Unternehmen, berichten aber eine günstigere Geschäftsentwicklung für die vergangenen zwei Jahre. Außerdem sind sie erfolgreicher, was das Erreichen der Unternehmensziele hoher Gewinne, Bearbeitung interessanter Projekte und Zusammenarbeit mit interessanten KundInnen betrifft.